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U-Verlagerung "Fuchs"


Geplante V1 Teile-Produktion in einem Eisenerz-Bergwerk bei Dillenburg


Im Großraum Dillenburg gab es gegen Ende des Zweiten Weltkrieges eine Vielzahl von Eisenerzgruben und dementsprechend auch viele Betriebe, welche in der Metallverarbeitung tätig waren. Dieses war einer der Hauptgründe, warum diese Region eine bedeutende Stellung in der damaligen Rüstungsindustrie darstellte. Auch die Abgeschiedenheit fernab aller Großstädte und Ballungszentren machte die Region um Dillenburg wichtig für die Kriegsproduktion des Dritten Reiches. Neben zahlreichen Fabriken und überirdischen Produktionsstätten wurden im Lahn-Dill-Gebiet auch einige Untertage-Verlagerungen geplant und errichtet. So auch die hier vorgestellte U-Verlagerung mit dem Decknamen Fuchs. Die zu den Burger Eisenwerken angehörige Schelderhütte stellte noch in den 30er Jahren Badewannen und Sanitäranlagen her, ehe sie 1939 auf eine Aluminium-Sandgießerei umgestellt wurde. In der Folgezeit wurden zunächst Flugzeugräder für die Fieseler Storch hergestellt, bis gegen Herbst 1944 die Produktion umgestellt wurde. Von nun ab wurde hier aus Leichtmetall die Bugspitze der V1-Rakete hergestellt. Ebenso wurden im Burger  Werk die erforderlichen Schnittwerkzeuge für die Aussenhaut der V1 hergestellt und Produkte aus ähnlichen Betrieben kontrolliert und beaufsichtigt. Neben den Burger Eisenwerken gab es noch eine Vielzahl von anderen Betrieben, welche Bauteile für die V-Waffen (auch für die V2) herstellten. Alle Bauteile und Komponenten wurden an die beiden zentralen Untertage-Verlagerungen für die Endmontage der V1 geliefert. Dieses waren die U-Verlagerungen "Mittelwerk" bei Nordhausen und die U-Verlagerung "Sterlet" bei Maastricht, welche beide ab August 1944 für die Endproduktion der V1-Raketen eingerichtet wurden. Die in Dillenburg gebauten Bugspitzen wurden an die U-Verlagerung "Sterlet" im Boschberg geliefert. Das Stollensystem im Boschberg war ein ehemaliger untertägiger Kalksteinbruch mit gigantischen Ausmaßen. Ausgewählt wurde der neue unterirdische und bombensichere Standort von Werner Sell aus Dillenburg. Der Diplom-Ingenieur war zur damaligen Zeit Bauchef der Reichsluftwaffe und Sonderbeauftragter für unterirdische Anlagen im Lahn-Dill-Kreis. 


Der Standort der Endmontage der V1-Raketen war zunächst sehr günstig gewählt, zumal sich viele V1-Abschußstellungen derzeit in Holland befanden. Doch die U-Verlagerung Sterlet wurde bereits im August 1944 von amerikanischen Soldaten beschossen. Dieses machte der Untertage-Verlagerung eigentlich nichts aus, nur waren die "Gegner" schon so weit in Belgien und Holland vorgedrungen, dass die Anlage Boschberg aufgegeben werden musste. Die Maschinen und Einrichtungen der Stollenanlage "Sterlet" wurden in aller Eile demontiert und per LKW abtransportiert. Ab dem 1. September 1944 wurde die U-Verlagerung Sterlet endgültig aufgegeben. Jetzt bleib nur noch der Rückzug in das mitteldeutsche Gebiet. Der Sonderbeauftragte für unterirdische Anlagen, Werner Sell, erinnerte sich plötzlich an seine Heimatstadt Dillenburg und die zahlreichen unterirdischen Bergwerke in seiner Heimat. Natürlich gab es in der Region Dillenburg keine geeignete unterirdische Fläche für die Endproduktion der Raketen, aber die Teileproduktion der Zuliefererindustrie konnte gut unter Tage untergebracht werden. Für die Endmontage der V1 stand jetzt nur noch das Mittelwerk im Kohnstein zu Verfügung. In direkter Nachbarschaft der Burger Eisenwerke befand sich das Bergwerk Eisemroth mit dem Auguststollen, bzw. Burger Stollen. Zunächst war der Auguststollen für die Frankfurter Firma VDM vorgesehen, welche aber am 15.08.1944 auf das unterirdische Projekt verzichtete, und es vorzug in einen umgebauten Reichsbahntunnel in der Region einzuziehen. Danach wurde das Bergwerk für die Firma Adam Opel vorgesehen. Adam Opel gehörte dem Jägerprogramm an und sollte in dem alten Eisenerzbergwerk Luftschrauben für die FW 190 bombensicher geschützt herstellen. Aber auch Opel gab das Vorhaben auf und zog wie VDM zuvor in einen alten Tunnel ein. Jetzt, am 13. Januar 1945, war das Bergwerk Eisemroth endlich frei für die Unterbringung einer bombensichen Produktionsanlage für die V1-Produktion. Zwar waren durch die Firma Adam Opel schon einige Umbauarbeiten in dem Auguststollen durchgeführt worden, doch ab dem 29. Januar 1944 begann die Organisation Todt (OT-Einsatzgruppe 5, Hessen) mit dem Aussprengen der Hallen für die Untertage-Verlagerung.


 Unterhalb des Gerhardsberger Luftschachtes wurden mehrere 16 Meter hohe Hallen ausgesprengt. Diese sollten die gigantischen Pressen für die V1-Teile aufnehmen. Da das Stollenmundloch des Bergwerks gut drei Kilometer enfernt war, wurde der Maschinenschacht "Sahlgrund" für die neue Untertage-Verlagerung gewählt, welches auch den Decknamen "Fuchs" erhielt. Normalerweise hat eine U-Verlagerung in einem Bergwerk mit Stollenzugang einen Fisch-Decknamen, aber diesmal wurde der Schacht als Hauptzugang gewählt, so dass "Fuchs" absolut korrekt ist. Nach den untertägigen Ausbrucharbeiten wurde das Projekt Fuchs allerdings wieder aufgegeben, so dass diese Untertage-Verlagerung nie irgendetwas Produziert hatte. Von der Bevölkerung wurde der Auguststollen als Luftschutzstollen wärend der Bombenangriffe genutzt. Und die größte aller geplanten unterirdischen Produktionshallen wurde aufgrund ihrer Dimensionen von den Einheimischen Deutschlandhalle genannt. Die U-Verlagerung "Fuchs" sollte bei Fertigstellung eine Produktionsfläche von 4.278 Quadratmetern haben. Baunummer war die Nummer 6 – was ich eigentlich nicht glauben kann. Aber da sind meine Archive auch lückenhaft. Heute ist das Stollenmundloch der Grube Eisemroth, der Burger Stollen, noch relativ gut erhalten. Ein Blick auf die Wasserrösche zeigt, dass der Stollen die Grube noch immer zuverlässig entwässert. Die beiden Schächte sind mit einer Betonplombe versiegelt, aber immernoch im Gelände zu finden. Der Auguststollen, beziehungsweise ein Nebenstollen war vor einigen Jahren noch zu befahren, allerdings ist der komplette Bereich der ehemaligen U-Verlagerung Fuchs nicht mehr gut zu erreichen, da alle Zugangsstollen verbrochen sind. So ist das manchmal. Glück Auf!














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Text: Eismann, Dezember 2023
Fotos: Eismann
Unterwegs: Eismann, Svenska und Martin