u-verlagerungen.de

unterirdische rüstungsproduktion in wort und bild

 
 


Deckname "Villa"


Eines unschönen Tages verschlug es uns in die Nähe von Osnabrück um dort (unter Anderem) eine Exkursion zum ehemaligen Flugplatz "Villa" durchzuführen. Viel war nicht mehr von dem Einsatzhafen aus dem zweiten Weltkieg zu sehen, dafür aber von der späteren Nutzung des Areals durch die Nato. Eigentlich fallen die Relike aus dem "Kalten Krieg", oder besser gesagt, deren Aufbereitung, eher in das Aufgaben- und Interessengebiet von unserem Ex-Dr.Klöbner, aber da ich zur Zeit meine Festplatten nach halbfertigen Berichten durchforste und am ausselektieren bin, wage ich mich hiermit mal in eine für mich unbekannte Thematik und bastel mal eben einen kleinen Bericht über den Flugplatz Villa, bevor auch diese gesammelten Stichwörter und Fotos meinem persönlichen Säuberungwahn zum Opfer fallen. So, Freunde, nach diesem Mammutsatz geht es nun endlich los mit dem kleinen (Foto-) Bericht über Einsatzhafen mit dem Tarnnamen "Villa". Als kleinen Bonus habe ich noch ein paar Fotos von uns gefundenen Resten von Flakstellungen (sogenannte "Flaksterne") mit in diesen Bericht integriert. Viel Spass, woll?


Flakstern


Flak-Geschütz-Batterie-Unterbau im Detail


Ehemalige Startbahn und Rollbahn


Gesprengter Bunker auf dem Gelände


Tarnanstrich durch Nato und Graffiti-Sprayer


Im Großraum Bramsche wurden gegen Ende der 1930er Jahren drei Militärflugplätze eingerichtet. Neben den Flugplätzen in Achmer (Deckname Ahnenkult) und in Hesepe (Deckname Holstentor) war der hier vorgestellte Flugplatz der Luftwaffe, der zuletzt erbaute. Vor dem eigentlichen Aufbau wurde vom Reichsarbeitsdienst (RAD) ein Arbeitslager errichtet. Dieses befand sich am nördlichen Rand des Geländes. Die darin untergebrachten Kriegsgefangenen wurden als Arbeitskräfte für den Bau des Flugplatzes herangezogen. Der Flugplatz wurde mit befestigten drei Startbahnen erbaut. Die betonierten Rollwege wurden als Triangel angelegt, eine damals häufig angewendete Form. Im Süden und Norden der Anlage wurden die Abstellplätze die Einsatzmaschinen errichtet. Angrenzend daran befanden sich die Gebäude der Flugleitung und die des Personals. Südöstlich der Startbahnen befanden sich die Baracken und die Hallen für den Reparaturbetrieb der Flugzeuge. Auch im benachbartem Umfeld, in den Wäldern der Umgebung, wurden einige Baumaßnahmen getroffen. Neben einigen gut getarnten Abstellplätzen für Flugzeuge, einem Munitiondepot wurden auch mehrere leichte Flakstellungen errichtet. Diese bestanden aus Holztürmen, welche wiederum auf betonierten Unterbauten, den schon oben genannten Flaksternen, standen. Der Nachteil der Anlage "Villa" war, dass sie sehr Abseits von der "Zivilisation" lag und somit keinen eigenen Gleisanschluss hatte, wie die Nachbarflugplätze "Holstentor" und "Ahnenkult". Das bedeutete, dass sämtliche Materialien zum Ausbau und später auch zum Beispiel der Treibstoff umständlich per Lastkraftwagen vom Bahnhof Bramsche aus heran transportiert werden musste. Zur Einlagerung von Flugzeugtreibstoff wurden auf dem Gelände vier unterirdische Tanks erbaut.


Bunker-Leitstand mit Vorbau


Ehemalige Umspannstation der Raketenstellung


Sektionsbunker


Beschriftung im Bunker


Fledermaus-Kästen im Bunker - ob die neue Heimat angenommen wird?


Erste  feldmäßige  Aktivitäten  auf  dem  Flugplatz  Villa  fanden  gegen  Ende  1939 statt.  Zwischen September 1939 und  Januar 1940 war dort die erste Einsatzgruppe des Jagdgeschwaders 1 "Oesau" stationiert.  Sie flog ihre Einsätze mit den Jägern der  Bauart Messerschmitt Bf 109. Für die Folgezeit gibt es leider keinerlei Belege über dauerhafte Stationierung deutscher Fliegereinheiten. Der Flugplatz diente  immer  wieder  als  Ausweichsrollbahn  und  Parkplatz  für  die  derzeit   überlasteten anderen Flugplätze  in  der  Region.  Ab  dem  Kriegsjahr 1943  wuchs  die Bedeutung  der  doch relativ kleinen Flugplatzanlage immer mehr.  Zur Abwehr  alliierter  Bomberverbände wurde  der  Flugplatz "Villa" ein wichtiger Standort für die deutschen  Jägerverbände.  Bis Januar 1944 war unter Anderem die Staffel "Grünherz",  ausgestattet mit  Focke-Wulf-Jägern vom Typ "FW 190 A", in Villa stationiert.


Die ehemalige Startbahn wird von der Natur zurückerobert


Ein weiterer Bunker aus der Zeit des kalten Krieges


Beschriftung durch die britischen Besatzer


Hangar...


...von innen


Natürlich war den Alliierten der Flughafen Villa bekannt, so dass es nicht ausblieb, dass die Anlage auch mit Bomben bedacht wurde. So zum Beispiel am 21. Februar und am 08. April des Jahres 1944. Bei ersterem Angriff seitens der Alliierten wurde der Fliegerhost Villa stark beschädigt, während beim zweiten Angriff eher die benachbarten Fliegerhorste in Achmer und Hesepe mehr unter den Bombardierungen zu leiden hatten. Weitere Angriffe Anfang 1945 machten den Flugplatz "Villa" unbrauchbar. Die letzten Bomben wurden am 03. April auf die Startbahnen abgeworfen. Der kläkliche Rest der Anlagen wurden am darauf folgenden Tag von den Deutschen selber gesprengt. Nur fünf Tage später, am 09. April 1945, wurde die Region und somit auch der Flugplatz Villa von schottischen Einheiten besetzt und der Zweite Weltkrieg war damit für die Region beendet. Auch die Spurensuche unserseits war damit beendet, denn aus dieser Zeit gibt es bis auf ein paar Kleinigkeiten so gut wie keine Relikte mehr zu finden.


Strom muss her (Dosenmontag)


No Smoking


Relikte der ehemaligen Nike-Stellung


Bunker-Bombing


Leitstand im Bunker, Hangar und Raketenabschussbasis auf dem Villa-Gelände


Auch nach dem Ende des Krieges blieb der ehemalige Einsatzhafen Villa eine militärische Anlage. Die britischen Streitkräfte richteten direkt nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände einen großen Fahrzeugpark ein. Bis heute untersteht das Gelände der britischen Armee. Es diente bis letztens noch als Standortübungsplatz für die in Osnabrück stationierten britischen Einheiten. In Folge des Nordatlantikpakts "NATO" wurde auf dem Gelände ab 1961 eine Nike-Flugabwehrraketenstellung errichtet. Diese Nike-Stellung der Niederländer ging ab November 1961 in Betrieb. Wie bei allen Nike-Stellungen üblich war auch diese Raketenbasis zweigeteilt errichtet worden. In dem östlichen Gebiet befand sich der Abschussbereich und gegenüber, im Westen war die Feuerleitstellung untergebracht. Die Anlage unterstand der niederländischen Einheit 1. Groep Geleide Wapens. Die Nike-Stellung verfügte über zwei Sektionen, ausgestattet mit nuklearen Sprengköpfen. Die Nike-Stellung, welche noch bis März 1988 betrieben wurde, unterstand der 509 th US Army Artillery Detachment, für die eigens am Nordrand des ehemaligen Flughafens ein eigener kleiner Unterkunftsbereich erbaut wurde. Nach dem Abzug der Holländer gab es noch kurzzeitig Überlegungen der Bundeswehr den Standort zu übernehmen, aber man sah von dem Vorhaben ab, da das Gelände noch sehr "Munitionsverseucht" war und die Bereinigungkosten zu hoch waren. Seitdem gehört das Gelände weiterhin zum Standortübungsplatz der Briten in Osnabrück. Heutzutage sind noch viele Relikte der FlaRak-Stellung der Niederländer auf dem ehemaligen Flugplatz mit dem Decknamen "Villa" zu sehen. Noch einige Hangar und Sektionsbunker der Feuerleitstellung sind vorhanden und dienen Nachwuchs-Graffitikünstler als Übungsplatz. Ansonsten ist das Areal heute immernoch Militärisches Sperrgebiet und darf ohne Genehmigung nicht betreten werden...


Markierungen und Kabelkanäle für die Raketen


Beton und Abschussmarkierungen der Nike-Stellung


Da wo das Gras wächst waren früher die Leitungen für den Abschuss der Raketen


Lost Place, Urbex, Blick auf das Verfallene? Mir egal - nennt es wie ihr wollt.


Stromversorgung


Und zu guter Letzt noch ein Bild von einem Flakstern aus dem Zweiten Weltkrieg im Wald


Alles von Eismann

unterwegs: Bergmann, Eismann, Lampe und Grubenhund Senta

untertage-übertage, u-verlagerungen.de, zweitausendirgendwat – zweitausenddreizehn - zweitaudendneunzehn

Danke an M.T.